Künstliche Intelligenz, Copywriting und die Zukunft des Texter-Berufs

Künstliche Intelligenz ist DAS Thema der letzten Jahre und provoziert immer wieder hitzige Debatten.


Besonders eine Frage begleitet uns seit langem:


Wird KI wirklich der gnadenlose Jobkiller, der die Berufe von Millionen Menschen pulverisiert?


Viele Medien inszenieren genüsslich den Gegensatz Mensch vs. Maschine. Terminator-Stories klicken sich nun mal besser als nüchterne Analysen. Angriffe auf selbstfahrende Autos wecken Erinnerungen an die historischen Maschinenstürmer zu Beginn der Industrialisierung. Und während alle Welt diskutiert, haben sich KI-Technologien längst in unserem Alltag etabliert („Mach mal lauter, Alexa!“).


Für manche mag das Thema inzwischen durchgekauter sein als ein Kaugummi von Sir Alex Ferguson nach 90 Minuten Stadtderby. Doch die Wahrheit ist auch: KI ist gekommen, um zu bleiben. Wir alle sollten uns intensiv mit dem Thema auseinandersetzen.


In diesem Artikel untersuche ich, wie sich der Fortschritt im Bereich Künstliche Intelligenz auf den Beruf des Texters auswirken könnte.


Was genau ist eigentlich KI? Welche Technologien sind im Marketing und Copywriting interessant? Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es? Was kann KI und was (noch) nicht? Wie wappnen sich Texter und Copywriter für die Zukunft?


Jede Menge Fragen…


Zeit für Antworten!


#1 Was genau ist denn nun Künstliche Intelligenz?


KI ist ein Überbegriff für den Versuch, menschliche Intelligenz auf Maschinen zu übertragen. Maschinen sollen „smart“ werden und menschliche Wahrnehmung, Denkmuster und Lernprozesse imitieren. Im Gegensatz zum klassischen Computer ist dabei nicht jeder einzelne Schritt vorgegeben: KI trifft Entscheidungen eigenständig und passt sich an neue Umgebungen an.


Künstliche Intelligenz diskutieren wir mittlerweile seit vielen Jahren, aber eine eindeutige Definition fällt uns schwer. Der Begriff KI ist noch immer so schwammig wie ein durchschnittliches Politiker-Interview. Woran liegt das?


Vor allem daran, dass der Begriff „Intelligenz“ allgemein unscharf ist (nicht falsch verstehen, Intelligenz ist durchaus sexy).


Zehn verschiedene Experten werden zehn verschiedene Antworten geben, wenn man sie um eine Definition von Intelligenz bittet. Geht es um kognitive, emotionale oder soziale Intelligenz? Wie begreifen wir unsere Umwelt? Wie genau lernen wir? Was genau macht den Menschen aus?


Hier könnte eine lange philosophische Abhandlung starten, aber die hebe ich mir für den ersten Kneipenbesuch nach der Pandemie auf. Dieser Artikel wird auch so schon lang genug. 😉

#2 KI und Copywriting: Wichtige Begriffe


Bevor wir uns in die Vorhölle Welt der Algorithmen stürzen, erkläre ich einige der wichtigsten technischen Begriffe zum Thema KI. Wie gesagt, nur in Kurzform. Alles andere würde den Rahmen sprengen - und Sprengstoff hat das Thema schon genug. Für wen die Begriffe Kindergeburtstag sind, der überspringt diesen Part einfach.


Machine Learning:


Maschinelles Lernen ist ein Teilbereich der KI. Das Grundprinzip: Ein System wird mit riesigen Datenmengen gefüttert, erkennt darin bestimmte Muster und leitet entsprechende Regeln ab. Diese Regeln wendet es anschließend auf neue Daten an und kann so z.B. Hunde von Katzen unterscheiden oder Vorhersagen treffen.


Deep Learning:


Deep Learning ist wiederum ein Teilbereich des Machine Learning. Auch hier sollen in riesigen Datenmassen versteckte Muster entdeckt werden. Im Unterschied zum ursprünglichen Maschinellen Lernen nimmt sich Deep Learning explizit die Natur zum Vorbild, indem es die neuronalen Netze des menschlichen Gehirns imitiert.


Künstliche Neuronale Netze:


Künstliche Neuronalen Netze sollen die Struktur des menschlichen Gehirns nachahmen. Die Nervenzelle (Neuron) ist in diesem Fall eine mathematische Formel. Diese wird durch Ausgangsdaten definiert und verarbeitet diesen Input zu einem Output. Viele künstliche Neuronen bilden zusammen ein künstliches neuronales Netz.


Aus Trainingsdaten abstrahieren KNN allgemeine Muster. So können sie schließlich Hunde von Katzen unterscheiden, ohne diese vorher jemals gesehen zu haben. Zwischen Input und Output existieren viele Zwischenschichten und was genau dort vor sich geht, ist weitestgehend unbekannt. Daher auch der oft gelesene Begriff „Black Box“.


Natural Language Processing (NLP):


Natural Language Processing ist der Teilbereich der KI, der für Marketing und Copywriting besonders interessant ist. Das Ziel hier: Computer sollen die natürliche Sprache des Menschen maschinell lesen, verstehen und generieren.


NLP ist als Forschungsfeld schon viele Jahrzehnte etabliert, hat aber vor allem im 21. Jahrhundert richtig Fahrt aufgenommen. Der wenig überraschende Grund: Immer bessere Rechenpower. Das bekannteste Resultat dieser Entwicklung sind die zahlreichen Sprachassistenten, Chatbots und natürlich auch die Auto-Complete-Funktion von Suchmaschinen.


NLP zerlegt die menschliche Sprache in ihre Einzelteile und verwandelt sie in strukturierte Daten. Der Verstehen-Part des NLP wird Natural Language Understanding (NLU) genannt.


Der Part, in dem aus strukturierten Daten menschliche Sprache wird (z.B. in Textform oder als charmante Stimme deiner Sprachassistentin), heißt Natural Language Generation (NLG).


NLG-Systeme analysieren jedes einzelne Wort, indem sie dessen Verhältnis zu allen anderen Wörtern vergleichen. So ergibt sich am Ende eine Wahrscheinlichkeit für das Wort, das als nächstes folgt. Ein typisches Beispiel ist die Autokorrekt-Funktion deines Smartphones.


GPT-3


Ein NLP-Sprachmodell schlägt in letzter Zeit besonders hohe Wellen: GPT-3.


Der Generative Pre-Trained Transformer 3 ist ein Deep Learning Modell von OpenAI und wurde im Juli 2020 vorgestellt. Es wurde mit 450 GB Text trainiert und funktioniert quasi wie ein extrem aufgeputschtes KI Auto-Complete.


Man gibt eine Aufforderung ein und erhält beeindruckende Ergebnisse. Der Guardian etwa veröffentlichte einen Artikel, in dem GPT-3 sich selbst beschrieb. Der Artikel sorgte für einiges Aufsehen.


GPT-3 liefert aber nicht nur Texte, sondern kann sogar coden, Gitarrentabs liefern und Kurzgeschichten schreiben und dabei den Stil eines Autors nachahmen. Fun times ahead in Sachen Fakenews und Desinformation.


Bei allem berechtigten Hype: GPT-3 produziert zwar perfekte Sätze, hat aber keinen Schimmer, was die Worte bedeuten und wie sie mit der Welt in Verbindung stehen. GPT-3 besitzt kein internes Modell von der Welt und kann daher weder abstrahieren noch Empathie zeigen.


Oder wie Brian Bergstein es in einem Artikel für den MIT Technology Review formuliert:


“It’s as if you knew that the presence of clouds made rain likelier, but you didn’t know clouds caused rain.”


#3 Wo kommt KI zum Einsatz?


Die Frage müsste eigentlich lauten: Wo nicht? Denn während wir munter diskutieren, ist die Technologie längst in unserem Alltag angekommen.


Robotik, autonomes Fahren, Gesichtserkennung, Verkehrssteuerung, smarte Stromnetze, Heimtechnologie, medizinische Diagnostik, Betrugsbekämpfung, vorausschauende Wartung, Übersetzungen, Journalismus, Marketing – KI-Anwendungen sind vielseitig einsetzbar.


Die Rolle der Künstlichen Intelligenz im Journalismus wäre auch eine eigene Abhandlung wert. Textroboter schreiben mittlerweile Wetterberichte, Kurznachrichten oder Aktienreports. Die Washington Post experimentierte schon 2016 mit einer AI für die Berichterstattung bei den Olympischen Spielen in Rio. Associated Press, die wohl größte Presseagentur der Welt, erstellt Bilanzberichte mithilfe von NLG.


In Deutschland ist das Amateurfußballportal fussball.de ein Beispiel: Eine KI erstellt dort die Spielberichte basierend auf den eingepflegten Statistiken zum Spiel. Das Ergebnis liest sich zwar oft noch etwas holprig (wobei das in vielen Fällen zum Spielverlauf passen dürfte), ist aber trotzdem beeindruckend.


Schauen wir uns nun an, welche Möglichkeiten KI im Marketing bietet.


#4 Künstliche Intelligenz im Marketing


Drei Dinge machen Marketing zu einem idealen Einsatzgebiet für Künstliche Intelligenz:


1.     Marketing lebt von Daten

2.     Es gibt immer mehr Daten

3.     KI ist ein sehr guter Datenanalyst


In unserem digitalen Alltag entstehen heute viel mehr Berührungspunkte (Touchpoints im Marketingsprech) zwischen Kunden und Unternehmen. An diesen Touchpoints entstehen wertvolle Datenmassen. Clevere Unternehmen analysieren diese Datenmassen mithilfe von KI und gewinnen so Erkenntnisse, die vorher undenkbar waren.


Einige Beispiele für KI im Marketing:


  • Social Listening/Monitoring: Herausfinden, wie die Menschen online über Produkt oder Marke X sprechen
  • SEO/Suchmaschinenoptimierung: Keywordrecherche und Metadaten
  • Programmatic Advertising: automatisierter Ankauf und Verkauf von Werbeplätzen
  • Sprachdialogsysteme & Chatbots: beantworten einfachere, regelmäßig wiederkehrende Anfragen
  • Produktempfehlungen und Next Best Offer: Kundenaffinitäten herausfinden und entsprechend beantworten
  • Kundensegmentierung und verhaltensbasierte Personalisierung: Internetseiten, Shops, E-Mails
  • Churn Prediction: Kundenabwanderung vorhersagen und minimieren
  • Customer Journey: Kundenreise genau abbilden und Strategien anpassen
  • Textmining: Kundenkritik automatisch in verschiedene Bereiche aufteilen


Schluss mit „Spray and Pray“ – Wie KI und Daten Marketing revolutioniert


Noch immer machen viele Unternehmen Werbung nach dem Prinzip Schrotflinte: Abdrücken und hoffen, dass man die Zielgruppe „trifft“.


KI-Datenanalyse verwandelt die unpräzise Schrotflinte in ein hochmodernes Scharfschützengewehr. So können Unternehmen ihre Zielgruppe viel genauer ins Visier nehmen, die passende Ansprache finden und maßgeschneiderte Angebote machen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort.


Marketing-Blindflüge ohne Datenbasis sind heutzutage nicht mehr nötig (sofern der Geldbeutel entsprechend gefüllt ist).


Auch Marketingverantwortliche müssen ihre Entscheidungen rechtfertigen. Fundierte Ergebnisse einer KI-getriebenen Datenanalyse sind da meist hilfreicher als der Verweis aufs Bauchgefühl.


KI im Marketing dreht sich vor allem um Voraussagen: Welche Headline wird funktionieren? Welche Grafik? Wie viel Geld sollte man auf welchem Kanal ausgeben? Diese Fragen lassen sich mit KI-Anwendungen genauer beantworten als je zuvor.


#5 KI im Copywriting


Zoomen wir noch weiter ran: Welche Rolle spielt KI im Copywriting?


Copywriting – ein „transfer of emotions”


Copywriter verkaufen mit Worten. Meist in Textform, aber nicht zwingend. Sie schreiben Anzeigen, Verkaufstexte, E-Mails, Websitetexte, Videoskripte oder auch Social-Media-Posts. Sie überzeugen Menschen von Produkten, Dienstleistungen und Marken und sorgen dafür, dass Unternehmen nicht in den „Stroogle“ der Konkurrenz geraten.


Dafür nutzen Werbetexter bestimmte „Werkzeuge“ wie Dringlichkeit, Knappheit, Social Proof oder Handlungsaufforderungen. Sie versetzen sich in die Lage des Kunden, finden und entkräften dessen wichtigste Einwände und überzeugen ihn. Kaufentscheidungen entstehen durch bestimmte Bedürfnisse. Ein guter Texter erkennt diese Bedürfnisse und spricht die Gefühlswelt des Kunden gezielt an. Sprachliche Finesse und die richtige Ansprache entscheiden über den Erfolg.


Was kann KI im Copywriting?


In der digitalen Welt wächst der Druck auf Marken und Unternehmen: Sie müssen permanent neuen relevanten Top-Content unters Volk bringen.


KI-Anwendungen erleichtern die Arbeit und verbessern die Qualität. In den letzten Jahren sind unendlich viele Copywriting-Tools aus dem Boden gestampft worden (ein Artikel zum Thema Copywriting-Tools folgt). Ein Trend, der sich mit dem Hype um GPT-3 nochmal verstärken dürfte. Insbesondere im Bereich Datensammlung und Auswertung sind KI-Programme enorm vielversprechend. Durch sie wird hyperpersonalisierte Copy skalierbar.


Hyperpersonalisierung & Skalierung


Vor allem große Konzerne setzen verstärkt auf KI-Copywriting. So zum Beispiel ebay, das KI für hyperpersonalisierte Betreffzeilen benutzt, digitale Anzeigen schalten und Push-Benachrichtigungen erstellen. Bei über 100 Millionen Newsletter-Abonnenten bräuchte es da ansonsten so einige Texter.


Content-Optimierung & Buyer-Persona


KI-Software analysiert Online-Content, findet thematische Lücken und vielversprechende Ideen zur Verbesserung der eigenen Inhalte. Auch aus Reviews und Bewertungen lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen. KI ermöglicht außerdem wesentlich genauere Buyer-Personas, also fiktive Profile von Menschen, die bestimmte Zielgruppen repräsentieren.


Brand Voice & Tonalität


Für viele Unternehmen ist es eine große Herausforderung, auf allen Kanälen mit einer Stimme zu sprechen. KI-Anwendungen sorgen für mehr Konsistenz und sparen Ressourcen.


Editing Tools


Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe guter KI-basierter Editing Tools für Texter (Artikel folgt). Diese Tools prüfen Grammatik, Syntax oder Wortauswahlerhöhen. Sie beschleunigen den gesamten Prozess und erhöhen die Qualität.


E-Commerce & Produktbeschreibungen


Im E-Commerce hat KI-Copywriting großes Potenzial. Es gibt bereits Software, die Produktbeschreibungen und Kategorietexte erstellt. Besonders für Shops mit vielen ähnlichen Produkten sind KI-Copywriting-Tools eine interessante Option.


SEO-Texte


Search Engine Optimization, zu Deutsch Suchmaschinenoptimierung, ist ein weiterer Bereich, den KI schon bald mächtig aufmischen dürfte. KI-Software erledigt bereits Keywordrecherchen, ermittelt Titel Tags und erstellt Metatexte. Beim Thema KI und SEO könnten allerdings auch neue Herausforderungen entstehen.


#6 KI im Copywriting: Assistent statt Kontrahent!


Wie anfangs erwähnt, bin ich kein Fan davon, das Thema KI als epischen Showdown zwischen Mensch vs Maschine zu präsentieren. Wir sollten nicht mit der Technologie konkurrieren, sondern sie möglichst effektiv für unsere Zwecke verwenden.


Das Beispiel Copywriting und Texten zeigt: Richtig eingesetzt, erleichtert KI unseren Alltag und verbessert die Qualität unserer Arbeit. KI schafft neue Möglichkeiten für Copywriter.


Ein Beispiel: Eine KI analysiert hunderte von Überschriften und ermittelt „Prestige“ als die wichtigste Kaufmotivation. Diese Information ist für den Texter Gold wert, denn sie erleichtert seine Suche nach der perfekten Überschrift. Auch hier wieder: mehr fundierte Analyse, weniger Bauchgefühl. Mittels KI lassen sich leicht Hunderte Varianten einer Idee erstellen und testen.


Der Trend ist klar: Einige der Aufgaben, die Texter heute noch erledigen, werden schon bald durch KI-Software übernommen.


Das Ende für Texter?


Keineswegs!


Wenn Copywriter sich weniger um repetitive Aufgaben kümmern müssen, bleibt mehr Zeit für kreative Ideen, neue Ansätze, Kampagnen und Strategien.


Wer schon mal Produktbeschreibungen für eine große Zahl ähnlicher Produkte getextet hat, weiß: Die Aufgabe ist viel schwieriger als gedacht und hat ein bisschen was von Fließbandarbeit. KI hingegen ermüdet nicht und schreibt auch die 1000. Produktbeschreibung noch genauso „enthusiastisch“ wie vorher.


Eines ist klar: In Sachen Datenanalyse, Mustererkennung und Optimierung haben menschliche Texter gegenüber KI keine Chance. Müssen sie aber auch nicht.


Noch aber braucht selbst die beste KI-Software die Kontrolle durch menschliche Copywriter.


Wir sollten KI also als einen Assistenten sehen, der die menschliche Kreativität erweitert. Im Englischen gibt es bereits den entsprechenden Begriff: Augmented Intelligence. AI nicht als Feind, sondern als Teamkollege – schöner Gedanke, oder?


#7 Grenzen: Was KI im Copywriting (noch) nicht kann


Ein großer Unterschied zwischen KI und Menschen: Empathie.


Menschen haben die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und diese zu verstehen. Copywriter können das oft besonders gut und nutzen diese Fähigkeit entsprechend. Maschinen sind von menschlicher Empathie noch weit entfernt (trotz Pflegeroboter-Boom), doch das muss nicht ewig so bleiben.


KI folgt Regeln, Kreativität bricht Regeln. Doch Kreativität ist nur ein Teil des Textens. Ein großer Teil besteht aus Recherche, Analyse, der Einhaltung von Regeln (Grammatik, Orthografie, Syntax) und dem Einsatz erprobter Strategien und Muster. Viele KI-Anwendungen setzen hier an – und schaffen Kreativität nach Regeln.


Apropos Kreativität – noch so ein schwammiger, subjektiver Begriff. Was ist eine kreative Leistung und was nicht? Das sieht fast jeder anders.


Die große Frage im Zusammenhang mit KI: Lässt sich auch Kreativität am Ende durch Algorithmen abbilden? Sind Empathie, Humor und Kreativität spezifische menschliche Eigenschaften oder nicht? Irgendwann werden wir es wissen.


Gerade bei sprachlichen Stilmitteln wie Sarkasmus, Satire, Metaphern, Ironie, Humor oder rhetorischen Fragen stoßen KI noch an ihre Grenzen. Doch das muss nicht so bleiben. Ich habe mir viele Beiträge zu dem Thema angeschaut und war überrascht, wie viele Leute glauben, dass KI niemals menschengleiche Empathie und Kreativität besitzen wird. Ich halte das für möglich, und zwar durchaus bald. Mich erinnert das nachträgliche „Kleinreden“ der KI-Erfolge an den vielzitierten AI-Effekt.


Was macht denn überhaupt herausragende Copy aus? Sie erregt Aufmerksamkeit, ist empathisch, spielt mit unseren Erwartungen und mit Wortbedeutungen und nutzt (oft, aber nicht immer) Humor. Das schafft KI noch nicht - jedenfalls nicht ohne menschliche Hilfe.


Kreativität braucht weiterhin „a little of that human touch“, um es mit Bruce Springsteen zu sagen. Zumindest Stand heute.


#8 Negative Auswirkungen der KI


Feuer spendet Wärme, kann uns aber auch verbrennen. Bei Technologie läuft’s ähnlich. Es kommt drauf an, wie wir sie nutzen. Auch im Fall von KI lassen sich schnell jede Menge negative Auswirkungen auflisten.


Bias


Ein besonders heikles Thema liegt allerdings in der Natur der Sache: Bias, also Vorurteile.


Die Liste der KI-Systeme, die rassistischen oder sexistische Tendenzen zeigen, wächst regelmäßig. Der simple Grund: KI-Systeme sind nur so gut wie die Daten, auf denen sie aufbauen. Gesellschaftliche Vorurteile und Ungleichheiten übertragen sich schnell auf den Output der KI.


Es kommt also auf eine umsichtige Datenauswahl an. Doch jede Auswahl an sich ist bereits befangen. Hier gibt’s noch viel zu tun, bevor Algorithmen unsere Welt gerechter und toleranter machen.


Übersättigung


Das Thema Reizüberflutung begleitet die Digitalisierung von Anfang an. Wie reagieren wir darauf, wenn KI künftig jederzeit beliebig viele Inhalte auf Knopfdruck erstellen kann? Es könnte gut sein, dass der Überfluss an durchoptimiertem Content unseren Medienkonsum verändert.


Deepfakes und Fake News


Die Diskussion um Fake News und Deepfakes ist längst in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Die möglichen Folgen für Gesellschaft und Politik sind ein (ziemlich beunruhigendes) Forschungsgebiet für sich.


Eigentumsrechte


Eine weitere interessante Frage: Wenn alle KI für ihre Texte nutzen, wem gehören dann die Rechte an den erstellten Texten? Demjenigen, der sie mithilfe der Software erstellt? Oder den Anbietern der Software?


KI & SEO


Das führt uns wieder zum Thema KI und SEO. Hier steht die Suchmaschine mit den bunten Buchstaben vor einer spannenden Aufgabe. Wie umgehen mit AI-Content? Was, wenn irgendwann jeder suchmaschinenoptimierte Inhalte produzieren kann und die KI diesen in Echtzeit an die Rankingfaktoren anpasst?


#9 Ausblick


Das Buzzwort KI liefert heutzutage vielen Start-Ups das nötige Startgeld. Ist der andauernde Hype wirklich gerechtfertigt? Immerhin wäre es nicht das erste Mal, dass KI hohe Erwartungen weckt und diese am Ende nicht erfüllt. In der Vergangenheit kam es in solchen Situationen zu sogenannten AI-Wintern (in Anlehnung an das Konzept der nuklearen Winter), in denen die Fördermittel drastisch sanken.


Das dürfte diesmal nicht passieren, zu gut sind die Ergebnisse, zu stark die Rechenpower und zu vielseitig die Einsatzgebiete.


Erweist sich KI also als der vielfach angekündigte Jobkiller? Handelt es sich um ein Beispiel der schumpeterschen kreativen Zerstörung?


Um es mit Fettes Brot zu sagen: Jein.


Wie jede revolutionäre Technologie wird auch KI viele Jobs in ihrer jetzigen Form ersetzen. Nicht nur das Berufsbild des Texters wird sich verändern. Indem die Technologie aber vor allem repetitive Aufgaben übernimmt, ermöglicht sie vielen Menschen die Chance, ihre Talente „erfüllender“ als bisher einzusetzen und neue Rollen einzunehmen. Soweit zumindest die Theorie. In der Praxis wird auch das Tempo des Wandels darüber entscheiden, in welchem Licht wir die KI betrachten werden.


Skepsis, Unsicherheit, Zweifel und Ablehnung sind klassische menschliche Reaktionen auf technologische Revolutionen, das war bei der Eisenbahn oder beim Auto nicht viel anders. Wann immer das „technisch Machbare das menschlich Vorstellbare übersteigt“, kommt es zu einer Abwehrhaltung, beobachtete der Philosoph Günther Anders schon in den 1950er-Jahren.


Ein besseres Verständnis der Technologie erhöht das Vertrauen in ihren Nutzen und ihre positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft.


Ausblick für Copywriter: Python ist keine Würgeschlange


Wer beruflich erfolgreich sein will, muss sich sowieso ständig hinterfragen und verbessern, egal in welcher Branche. „Embrace the change“, würden die Amis sagen.


Texter sollten sich schon jetzt intensiv mit KI auseinandersetzen. Künstliche Intelligenz wird Copywriting-Prozesse erleichtern und beschleunigen und Textern mehr Zeit geben für die kreativen Aspekte ihrer Arbeit. Copywriting auf allerhöchstem Niveau, mit seinem Mix aus Kreativität, Sprachgefühl, Emotion und psychologischem Wissen ist nicht so einfach zu imitieren.


Durch KI perfektionierte Inhalte werden neue Berufsfelder schaffen. Irgendjemand muss schließlich die Spreu vom Weizen trennen und die Perlen aus dem Content-Ozean rausfischen.


Kreatives Ping-Pong mit der KI-Muse


Möglich erscheint eine Art Arbeitsteilung: KI kümmert sich um Datenanalyse und Zielgruppenrecherche, der Texter konzentriert sich auf eine noch bessere Story. Es könnte also gut sein, dass kreatives Ping-Pong zwischen Texter und KI schon bald zum Alltag wird. KI könnte als Muse dienen, als nahezu unerschöpfliche Inspirationsquelle.


Am Ende des Tages möchten Menschen mit menschlichen Marken interagieren. Sie wollen Humor, Emotion, überraschende, innovative Elemente und fesselnde Geschichten. Gute Texter liefern genau das. Und werden das auch in Zukunft noch tun.


Von den Maschinenstürmern des frühen 19. Jahrhunderts bis zu Menschen, die Lieferroboter und selbstfahrende Autos zerstören wollen: Technologische Revolutionen haben schon immer zu harschen Reaktionen geführt. Dabei ging es oft weniger um Technikfeindlichkeit, als um Kontrollverlust und Ängste vor dem sozialen Abstieg.


KI bietet verlockende Möglichkeiten, nicht nur für Marketer und Texter, sondern für uns alle. Höchste Zeit, die Technologie besser zu verstehen und sie richtig einzusetzen.


Statt Mensch vs. Maschine wird es Zeit für Mensch feat. Maschine.


Wie siehst du das Thema KI?


Brauchst Du Texte für Algorithmenschen?


Ich freu mich auf Deine Nachricht.


Lennard

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